Unser Sessionsorden 2025/2026:
Ein Dankeschön an
echte Superhelden
der Vielfalt!
Superhelden gibt es nicht nur im Comic, sondern auch im wahren Leben. Deshalb ehren wir mit unserem aktuellen Sessionsorden Persönlichkeiten der Geschichte und Zeitgeschichte, die sich in herausragender Weise für die queere Community, für Sichtbarkeit, Akzeptanz und Toleranz stark gemacht haben.
Ihre Beispiele zeigen: Es braucht keine Superkräfte, um sich für ein gutes Miteinander und ein Zusammenleben in Vielfalt stark zu machen. Es braucht Haltung, Willen, Überzeugungsstärke und nicht zuletzt auch Mut, selbst im starken Gegenwind für eigene Positionen zu stehen.
Sechs Menschen danken wir mit unserem Orden für Ihr persönliches Engagement:
„Darling, I want my gay rights now”
Marsha P. Johnson, geboren 1945 in New Jersey, verstorben unter ungeklärten Umständen 1992 in New York, war eine afroamerikanische Transaktivistin, Drag-Queen und eine Schlüsselfigur der LGBTIQ+-Bewegung. Sie spielte eine zentrale Rolle beim Stonewall-Aufstand 1969 in New York, dem Ursprung der heute weltweiten Demonstrationen zum jährlichen Christopher Street Day, und war in der Gay Liberation Front aktiv. Johnson setzte sich unermüdlich für die Rechte von Transpersonen, Obdachlosen und HIV-Positiven ein. Gemeinsam mit Sylvia Rivera gründete sie die Organisation STAR (Street Transvestite Action Revolutionaries), die obdachlosen, queeren Jugendlichen Schutz bot. Ihr Mut und Aktivismus machten sie zu einer Ikone, die bis heute queere Menschen weltweit inspiriert und bestärkt, für ihre Rechte und Sichtbarkeit zu kämpfen.
„Wir bekämpfen die Krankheit, nicht die Menschen“
Prof. Dr. Rita Süssmuth, geboren 1937 in Wuppertal, hat sich in ihrem politischen Wirken als engagierte Fürsprecherin der queeren Community hervorgetan. Als Bundesgesundheitsministerin von 1985 bis 1988 setzte sie im Kampf gegen HIV/AIDS auf Aufklärung statt Ausgrenzung – ein mutiger Schritt in einer Zeit, in der die Krankheit stark stigmatisiert wurde, besonders unter schwulen Männern. Rita Süssmuth förderte Prävention, unterstützte Betroffene und widersprach entschieden diskriminierenden Forderungen nach Isolierung von Infizierten. Gleichzeitig setzte sich die langjährige CDU-Politikerin für rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz queerer Menschen ein – auch gegen Widerstände in ihrer eigenen Partei. Mit ihrer empathischen und zugleich sachorientierten Haltung wurde die ehemalige Bundestagspräsidentin zu einer wichtigen Verbündeten im Einsatz für Menschenwürde, Vielfalt und eine inklusive Gesundheitspolitik. Sie ist seit 2006 Ehrenvorsitzende der Deutschen Aids-Stiftung.
„Gleichheit bedeutet mehr als nur Gesetze zu verabschieden. Der Kampf wird in den Herzen und Köpfen der Gemeinschaft gewonnen, dort, wo es wirklich zählt.“
Barbara Gittings, geboren 1932 in Wien, verstorben 2007 in Pennsylvania, gehörte zu den bedeutendsten Mitgliedern der „Daughters of Bilitis“, der ersten Menschenrechtsorganisation von Lesben in den Vereinigten Staaten von Amerika. Als Herausgeberin von queeren Publikationen setzte sie wichtige Impulse für Sichtbarkeit und Gleichberechtigung und hielt Mahnwachen vor dem Weißen Haus gegen die Diskriminierung queerer Menschen ab. Auch war sie eine der ersten lesbischen Frauen, die im US-amerikanischen Fernsehen offen über ihre Sexualität sprachen. Zudem engagierte sie sich in der American Psychiatric Association, die 1972 erreichte, dass Homosexualität nicht länger als Krankheit eingestuft wurde. Ihr zu Ehren wurde der „Barbara Gittings Award“ für den besten Queer-Roman ins Leben gerufen.
„Ja, ich bin stolz, daß ich die Kraft fand, der Hydra der öffentlichen Verachtung einen ersten Lanzenstoß in die Weichen zu versetzen.“
Karl Heinrich Ulrichs, geboren 1825 im ostfriesischen Kirchdorf, verstorben 1895 im italienischen L’Aquila, war ein deutscher Jurist und Publizist, Vorreiter der Sexualwissenschaft und einer der ersten bekannten Vorkämpfer für die rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen. Er setzte sich schon früh für die Eheschließung zwischen Männern ein und forderte auf dem deutschen Juristentag 1867 in München in einer Rede erstmals öffentlich die Straffreiheit gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen. Daraufhin kam es zu tumultartigen Szenen und zum Abbruch seiner Rede. Ulrichs selbst blieb mit seinen Forderungen zu Lebzeiten ein Außenseiter und ging schließlich ins Exil. Erst über ein Jahrhundert später fanden seine Arbeiten erneut Beachtung. Der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch nannte Ulrichs mit Blick auf seinen selbstbewussten Einsatz und sein eigenes öffentliches Coming Out den „ersten Schwulen der Weltgeschichte“.
„Ich […] darf wohl sagen, dass, wenn den Homosexuellen in Berlin jetzt ein so einzigartiges Restaurationsleben vergönnt ist, dies vor allem unserer aufklärenden Bewegung zu verdanken ist […]“
Dr. Magnus Hirschfeld, geboren 1868 in Kolberg, verstorben 1935 in Nizza, war Arzt und gilt mit seinen Forschungen als einer der Pioniere der Sexualwissenschaft. Mit dem 1897 in Berlin gegründeten „Wissenschaftlich-humanitären Komitee“ (WhK), der weltweit ersten Organisation zur Entkriminalisierung von Homosexualität, leisteten er und seine Mitstreiter einer aufblühenden homosexuellen Subkultur Vorschub. 1919 eröffnete er das „Institut für Sexualwissenschaft“, das zugleich Beratungsstelle und Archiv für sexualwissenschaftliche Literatur wurde. Hirschfeld forschte insbesondere auf dem Feld der „sexuellen Zwischenstufen“ und beschrieb erstmals "Das Dritte Geschlecht". Er erfand dafür die Begrifflichkeit des „Transvestiten“ und veröffentliche 1910 seine wegweisende Forschungsarbeit "Eine Untersuchung über den erotischen Verkleidungstrieb". Vor den Nationalsozialisten musste er aus Deutschland ins Exil fliehen. Der Filmemacher Rosa von Praunheim betitelte Hirschfeld Jahrzehnte später als „Einstein des Sex“. Seit 2011 setzt sich die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld dafür ein, Bildungs- und Forschungsprojekte zu fördern und einer gesellschaftlichen Diskriminierung von queeren Personen in Deutschland entgegenzuwirken.
„A true flag is not something you can really design. A true flag is torn from the soul of the people... The Rainbow Flag is like other flags in that sense: it belongs to the people.”
Gilbert Baker, geboren 1951 in Kansas, verstorben 2017 in New York, war Künstler und Aktivist der queeren Bewegung. Er ist der Erfinder der Regenbogenflagge, die er ursprünglich für den Gay Freedom Day 1978 in San Francisco schuf. Die Regenbogenflagge sah er auch als Gegenentwurf zum „Rosa Winkel“, der während der NS-Diktatur für die Stigmatisierung, Verfolgung und Diskriminierung Homosexueller stand. Zeitlebens kämpfte er für Gleichberechtigung und Akzeptanz. Baker war eng mit dem Aktivisten und ersten offen schwulen US-Politiker Harvey Milk befreundet, der 1978 bei einem Attentat erschossen wurde. 2003 präsentierte er die weltweit größte Regenbogenfahne, die sich über rund zwei Kilometer vom Golf von Mexiko bis nach Key West am Atlantik erstreckte. Sein Vermächtnis lebt in jeder wehenden Regenbogenflagge weiter – als Zeichen des Stolzes, der Freiheit und der Vielfalt der queeren Community.